Das kalte Herz: Wintertipps für Herzpatienten
Das kalte Herz: Wintertipps für Herzpatienten
Es ist einleuchtend: Der menschliche Körper versucht stets eine konstante Temperatur zu halten. Sowohl kalte als auch warme Umgebungstemperaturen müssen daher ausgeglichen werden. Der Körper kühlt oder heizt also und beides bedeutet eine erhöhte Anstrengung für das Herzkreislaufsystem Je höher der Temperaturunterschied zwischen dem Körperinneren und der Außentemperatur ist, desto mehr Stress bedeutet das für den Körper. Aber wie wirkt sich dies auf unser Herz aus?
Einschlägige Studien der letzten Jahre zu diesem Thema kommen, wenig verwunderlich, aus dem hohen Norden, genauer aus Schweden und Finnland.
Eine schwedische Langzeitstudie untersuchte die auffällige Häufung von Herzinfarkten während der Wintermonate genauer. Hierfür wurden für die Jahre 1998 bis 2013 Wetterdaten und Herzinfarkt-Fälle statistisch ausgewertet. Die Zahl der Herzinfarkte, die durch einen Verschluss der Herzkranzgefäße verursacht wurden (ST-Hebungsinfarkt) stieg an, je kälter es wurde. Dies galt für jede Region Schwedens und ungeachtet zum Beispiel des Geschlechts oder des Alters. Der Anstieg betraf sowohl Patienten und Patientinnen, die sich bereits in kardiologischer Behandlung befanden und entsprechende Medikamente einnahmen, als auch bisher nicht diagnostizierte Herzkranke. Laut den Verfassern der Studie von der Universität Lund deutet dies auf Kälte als Auslöser von Herzinfarkten hin.
Dass akute Herzbeschwerden durch eine besonders kalte Witterung vielleicht sogar zum ersten Mal ausgelöst werden, bedeutet aber nicht, dass es überflüssig wäre, ärztlichen Rat einzuholen. Wie eine Studie in Finnland gezeigt hat, kann auch das Risiko für durch Kälte ausgelöste Herzprobleme durch eine vorherige Diagnose und die Einnahme der richtigen Medikamente gesenkt werden. Selbst wenn also im Ganzen mehr Herzinfarkte auftreten, je kälter es ist und die Wahrscheinlichkeit einen Infarkt zu erleiden sowohl für Menschen in kardiologischer Therapie, als auch für nicht Therapierte steigt, mindert eine Diagnose und Medikation dennoch das persönliche Risiko.
Doch welche Mechanismen führen zu diesem Anstieg von Herzinfarkten in der kalten Jahreszeit und wie kann man sich schützen?
Die Gründe sind zum einen in den direkten körperlichen Reaktionen zu suchen. Bei Kälte und Frost verengen sich die Blutgefäße der Haut. Hierdurch wird zwar die Wärmeleitfähigkeit vermindert und die Körpertemperatur stabilisiert, aber auch der Widerstand für das Blut erhöht. Folglich steigt der Blutdruck. Für Menschen, die ohnehin an Bluthochdruck leiden, kann deshalb verschlimmern. Um den gesamten Körper weiterhin mit frischem Blut zu versorgen, muss das Herz nun noch stärker arbeiten. Bei einem solchen Blutdruckanstieg kann die Muskelmasse des Herzens sich vergrößern. Dies kann dazu führen, dass Teile des Herzens selbst nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden und folglich absterben. Bei Menschen, die unter einer koronaren Herzkrankheit leiden, deren Herzkranzgefäße also durch Arteriosklerose bereits weniger durchlässig sind, können die Reaktionen des Körpers auf Kälte zu einer Unterversorgung des Herzens und einem Infarkt führen.
Es ist also empfehlenswert, größere körperliche Anstrengungen in Kälte und Frost zu vermeiden, wenn eine Vorerkrankung bekannt ist. Hierzu gehören neben sportlichen Aktivitäten auch saisonales Schneeschippen oder Saunieren. Allerdings bedeutet das nicht, dass von Sport im Winter generell abzuraten wäre. Im Allgemeinen ist regelmäßiger moderater Sport der Herzgesundheit zuträglich. Es kann aber sinnvoll sein, die wöchentliche Fahrradtour auf den Crosstrainer zu verlegen oder die Joggingrunde im Park durch einen Spaziergang zu ersetzen. Wenn Sie sich für Nordic Walking im Wald oder den täglichen Spaziergang an der frischen Luft entscheiden, können Sie ihren Körper weiter entlasten, indem Sie sich den Temperaturen entsprechend kleiden. Wie bei so vielen Dingen kommt es auch hier auf das richtige Maß an. Um dieses zu finden, ist es ratsam die Warnsignale des eigenen Körpers ernst zu nehmen. Auch ohne eine bekannte Vorerkrankung, müssen abgeklärt werden. Generell sollte bei akuten Herz-Beschwerden ein Arzt konsultiert werden. In Deutschland werden jährlich etwa 400.000 Herzinfarkte gezählt. Bei entsprechenden Symptomen ist es wichtig schnell zu reagieren, um das Sterblichkeitsrisiko zu minimieren und Folgeschäden so klein wie möglich zu halten. Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche und Angina Pectoris, also Stechen und Engegefühl in der Brust sind klassische Symptome, die auf einen Herzinfarkt oder ein anderes kardiales Ereignis hindeuten und gerade bei fallenden Temperaturen zum ersten Mal auftreten können. Bei Frauen äußern sich Herzinfarkt-Symptome häufig anders als bei Männern. So können auch Übelkeit, Oberbauchschmerzen, Nacken-, Hals- und Kieferschmerzen bei Frauen Anzeichen für einen Herzinfarkt sein. Symptome für Herzinfarkt müssen folglich nicht immer den bekannten Mustern folgen und können bei Männer wie Frauen in manchen Fällen auch gar nicht auftreten.
Wenn das Thermometer sinkt, setzt aber nicht nur unmittelbar die Kälte dem Herzen zu. Die schwedischen Forscher vermuten auch andere Gründe dafür, warum zu beobachten sind. Alljährlich steigen in der kalten Jahreszeit die Fälle von Atemwegserkrankungen. Dies stellt einen weiteren Risikofaktor dar, und führt vermutlich zu einer Häufung von Infarkten. Außerdem verändert sich unser Verhalten in den Wintermonaten. Viele essen mehr, fettiger und süßer: Plätzchen, Glühwein und Gänsebraten haben Saison. Je kälter es wird, desto verlockender ist die Idee eines Saunagangs. Schon die ungewohnte Hitze stresst dabei das Herzkreislaufsystem. Der anschließende Schock durch die plötzliche Abkühlung kann dann erst recht eine zu große Belastung darstellen. Sportliche Aktivitäten werden im Winter manchmal ganz eingestellt. Wer im Sommer mit dem Fahrrad ins Büro radelt, nimmt jetzt vielleicht lieber das Auto oder den öffentlichen Nahverkehr. Es sei an die Vorteile von moderatem Sport für die Herzgesundheit erinnert. Der winterliche Hang zur Gemütlichkeit kann somit leider auch als Risikofaktor für die Herzgesundheit angenommen werden. Maßhalten ist deshalb die Devise. Wenn es also in diesem Jahr doch einmal wieder schneien sollte, überlassen Sie das Schneeschippen vielleicht lieber ihren Kindern, einem Nachbarn oder Freunden, machen stattdessen einen Spaziergang mit Mütze und Schal und wenden sich anschließend einem anderen kalten Herzen zu, dem in Wilhelm Hauffs Märchen nämlich.
Hier haben wir noch einmal die wichtigsten Wintertipps für Herzpatienten zusammengefasst:
Wintertipps für Herzpatienten zusammengefasst
- Körperliche Anstrengungen in Kälte und Frost vermeiden. Also beim Sport kürzertreten, nicht saunieren und um Hilfe beim Schneeschaufeln bitten.
- Moderater regelmäßiger Sport schützt ihr Herzkreislaufsystem. Aber: Anstrengendere Trainingseinheiten im Winter lieber bei Raumtemperatur, in der Schwimmhalle oder dem Fitnessstudio durchführen.
- Wenn es nach Draußen in die Kälte geht, sollten Sie sich auch der Temperatur entsprechend kleiden.
- Maßhalten: Fragen Sie sich, ob Ihnen saisonale Verlockungen wie Plätzchen, Glühwein, und Braten guttun und wenn ja, wie viel Sie davon wirklich genießen sollten.
- Bei Herzproblemen unabhängig von der Jahreszeit sofort ärztlichen Rat einholen.